In den letzten Monaten scheint es, als stelle sich ein neuer Alltag in der Seniorenarbeit des Landes ein. Kontaktbeschränkungen und Hygienemaßnahmen sind noch immer große Herausforderungen – doch zeigen die vielen haupt- und ehrenamtlich Engagierten, wie man Ihnen mit Kreativität und Pragmatismus begegnen kann. Mit sinkenden Temperaturen und steigenden Fallzahlen stellt sich jedoch die Frage, wie man ggf. mit neuen, härteren Auflagen umgehen kann, um auch weiterhin die Gesundheit und Lebenszufriedenheit Ältere fördern zu können.
Wir untersuchen aktuell die Lage der Seniorenbüros NRWs in Zeiten der Pandemie. Um ein Gefühl für die Probleme im Arbeitsalltag unserer Mitglieder zu entwickeln, suchte das Landesbüro das Gespräch. In diesem Austausch konnten wir drei Aspekte erkennen, die den Büros gemein zu sein scheinen:
Ältere als Risikogruppe: Doppelbelastung für Seniorenbüros
Zunächst berichteten die Befragten von großen Sorgen ihrer Zielgruppe. Ältere, die schon zu Beginn der Pandemie als Risikogruppe definiert wurden, hatten und haben oft Angst, sich oder ihre Angehörigen zu infizieren. Gerade Personen, die ohnehin schwer zu erreichen sind (etwa gesundheitlich eingeschränkte Ältere), zogen sich noch weiter in ihr Schneckenhaus zurück. Doch nicht nur die, die die Angebote der Seniorenbüros wahrnehmen, sondern auch die Engagierten wurden vorsichtiger. Viele fürchteten, dass sie durch den gewohnten Kontakt sich selbst und vor allem andere massiv gefährden könnten und entschieden sich entsprechend, ihre Arbeit zumindest vorerst ruhen zu lassen.
Um über Jahre aufgebaute Netzwerke aufrechterhalten zu können, gingen einige Seniorenbüros neue Wege. So begann z.B. die Stadt Kerpen, in einem täglichen, tagebuchartigen Anschreiben eine neue Form des Austauschs mit älteren Bürger*Innen zu entwickeln. Zentrales Ziel war hier, die Menschen in ihren Sorgen wahr- und ernst zu nehmen. Durch den intensiven, aufsuchenden Kontakt wollte man ganz klar zeigen: auch wenn die Zeiten gerade Angst machen können – wir sind für euch da und bleiben es auch. Diese Art der Netzwerkpflege war nicht nur emotional sehr wertvoll. Sie erlaubte es auch, dem kommunalen Versorgungsauftrag besser gerecht zu werden. Denn so konnte man weiter informieren und über etwaige Probleme informiert werden, um frühzeitig und effektiv gegenzusteuern.
Seniorenbüros als Teil regionaler Krisenbewältigung
Eine weitere Herausforderung war der Umgang mit völlig neuen und gleichzeitig oftmals unklar kommunizierten Verordnungen. Wie mit Vorgaben umgegangen werden konnte bzw. musste, scheint dabei von der örtlichen Versorgungslandschaft abzuhängen. In eher städtischen Kommunen, z.B. der Stadt Bochum, wurden die Seniorenbüros nach einer anfänglichen „Schockstarre“ als Ressource begriffen. Verschiedene Träger nutzten die Netzwerke und Ehrenamtliche in den einzelnen Quartieren dazu, um z.B. Einkaufsdienste zu organisieren. Anderenorts wurden Seniorenbüros nicht als Teil der Unterstützungsstruktur verstanden. Sie wurden nicht in formalisierte Ansätze integriert und entschieden sich infolgedessen, eigene Angebote zu entwerfen. Vor allem in ländlichen Kommunen, wie z.B. Beckum oder Beverungen setzte man auf starke zwischenmenschliche Beziehungen und die „ganz normale Hilfen“, die auch ohne institutionelle Steuerung zum Alltag eines Dorfs gehören.
Digitale Alternativen
Schließlich gewann das Thema Digitalisierung in der Pandemie an Bedeutung. Mit dem Ausfall analoger Angebote und wachsenden Kommunikationshürden wurde es immer wichtiger, digitale Alternativen zu schaffen. Auch hier wurden einige Hürden genannt: unzureichende technische Ausstattung, datenschutzrechtliche Anforderungen, fehlende Digitalkompetenzen oder schlicht Berührungsängste von älteren Personen.
Einerseits zeigten die befragten Büros auch hier die Bereitschaft, innovative Lösungen zu entwickeln. Bei der Vermittlung von digitalen Kompetenzen setzte man auf Bildung auf Augenhöhe: Senior*Innen unterrichten Senior*Innen, wobei die Lehrer*Innen z.T. selbst „bei Null“ starten mussten und sich mit enorm viel Einsatzbereitschaft fit machten. Auch mit generationsübergreifenden Tandems näherte man sich dem Thema und versuchte so, Fähigkeiten zu und Interesse an digitaler Teilhabe zu steigern. Wie auch in anderen Arbeitsfeldern wurde das soziale Miteinander als Ressource verstanden, die man nutzbar machen kann – bzw. muss. Andererseits scheint es bei der Umsetzung noch erheblichen Handlungsbedarf zu geben. Digitalisierung scheint vielen Engagierten noch immer ein relativ fremdes Feld zu sein, dem man nur zögerlich begegnet.
Teilen Sie Ihre Perspektive
Alles in allem scheint die Seniorenarbeit trotz der Einsatzbereitschaft unserer Mitglieder noch immer vor großen Herausforderungen zu stehen. Nehmen Sie an unserer Umfrage teil und helfen Sie uns dabei, unser Verständnis zum Umgang der Seniorenbüros mit der Corona-Pandemie weiter zu vertiefen. Wir möchten Ihre Perspektive, ihre Probleme und auch ihre Lösungsansätze verstehen. Mit Ihrer Teilnahme an unserer Umfrage geben Sie uns die Möglichkeit, praxisnahe Hilfen zu entwickeln, um die Seniorenbüros NRWs in der Krise und darüber hinaus zu begleiten.